Dienstag, Januar 29, 2008

SteuerBERATUNG!

Ich bin selbständig, auf dem Papier jedenfalls. Noch. Das ändert sich jetzt sehr bald, Gott sei Dank.

Aber weil ich (noch) selbständig bin, will das Finanzamt von mir Umsatzsteuervoranmeldungen und so Krempel haben. Und dann auch Einkommensteuer und die dazu passende Erklärung. Ich finde zwar immer noch schrecklich, das Bindungs-"s" bei "Einkommensssteuer" wegzulassen, aber man schreibt es jedenfalls ohne. Viele Dinge sind schrecklich und existieren trotzdem; Roland Koch z. B.. Ich sollte mich damit abfinden.

Weil ich keine Lust habe, mich mit dem Steuerkrempel zu beschäftigen, habe ich einen Steuerberater. Ist gleichzeitig ein Freund eines Freundes, und da fühlt man sich ja direkt besser aufgehoben. So ging mir das auch. Gut, er nimmt pro Monat netto 90 € für die laufenden Arbeiten und dann noch mal nen dicken Batzen für die Jahressteuererklärung, aber solange man sich gut aufgehoben fühlt, ist das ja alles okay. Hauptsache ich muss mich um nichts kümmern und weiß, wie viel Kohle ich aufm Konto lassen muss, damit ich meine Steuern zahlen kann.

So dachte ich mir das jedenfalls in meinem jugendlichen Leichtsinn.

Gestern hab ich nen Anruf von meinem Berater bei der Commerzbank Bielefeld auf der Mailbox: Es sei eine Abbuchung vom Finanzamt Düsseldorf über diverse tausend Euro gekommen, und mein Konto weise die dafür nötige Deckung nicht auf. Kein Wunder; is nämlich auch nich so viel Geld drauf. "Mja", sag ich zu ihm, als ich ihn zurückrufe, "lassen Sie das bitte erst mal so stehen; ich sprech mal mit meinem Steuerberater."

Ich blieb zwar bei diesem Anruf total ruhig, aber ich hätte mir genauso gut vor Schreck die Hose vollpissen können. Denn von "vielleicht" einem Drittel dieser Summe war die Rede gewesen, als ich vor etwa einem Monat mit meinem Steuerberater zusammengesessen hatte, um den aktuellen Stand zu besprechen. Ich meine auch, immer wieder gesagt zu haben, dass ich wissen müsste, wie viel Geld ich aufm Konto haben müsste, damit ich nicht in ein Steuerloch falle. Ständig hatte er mich beschwichtigt, das sei ja alles nicht so wild, ich sei ja noch in den Anfangsjahren meiner Rechtsanwaltstätigkeit; da könnte man viel mit Abschreibung und Anschaffung von Wirtschaftsgütern arbeiten. Da klingelten jedenfalls viele lustige Buzzwords, und ich dachte mir, das sei dann schon alles in Ordnung, er würde schon was sagen, wenn ich was zurücklegen muss. War ja Freund von nem Freund, raffse? Statt das Geld zusammen zu halten, was das einzig Richtige gewesen wäre, habe ich ganz im Gegenteil gegen Ende des Jahres wegen der zum Jahreswechsel anstehenden Senkung der Obergrenze für den Preis geringwertiger Wirtschaftsgüter von 410 auf 150 € noch munter drauflos gekauft. Hier ein Navigationsgerät für 400 Tacken, da ne externe Festplatte für 140, hier noch was, da noch was. Spart ja Steuern.

Und dann die spaßige Nachricht meiner Bank auf der Mailbox.

Jetzt ist also mein Konto dick im Minus, und ich hab meinen Steuerberater dann mal angerufen. Aber nix da von Einsicht. "Du hattest doch den Einkommensteuerbescheid für 2006 gesehen", kam da. Sicher hatte ich den gesehen, aber wann das Geld aufm Konto sein musste, wusste ich nicht. Woher sollte ich denn wissen, dass das Geld erst Ende Januar 2008 abgebucht wird, wenn die Summe seit Mitte 2007 klar war? Aber er weiter: "Da haben die direkt in einem Abwasch die Einkommensteuer 2006 und die Vorauszahlung für 2007 abgebucht. Das passiert in 90 % der Fälle nicht, aber bei dir haben sie's mal gemacht." Aha. Er erzählte außerdem von allerlei Auf-Null-Setzungen, von in Betracht zu ziehenden Differenzierungen und so weiter, was mir alles nichts sagte, vor allem, weil ich total aufgebracht war. Aber selbst wenn ich nicht aufgeregt gewesen wäre, wäre das Letzte, was ich hören wollte, noch eine Packung Buzzwordbla gewesen. Wenn einen seine Bank nicht mehr tanken lässt, gehört Tacheles geredet und nicht solches Gerede.

Aber auch zuvor hatte ich so manches Mal gedacht, dass in der Kanzlei so Einiges nicht sauber läuft. Neulich hielt ich meinen Steuerbescheid in der Hand, in dem Kirchensteuer ausgewiesen war. Das ist aber bedenklich, weil ich nicht nur schon vor zwölf Jahren aus der Kirche ausgetreten war, sondern das dem Steuerberater auch per Kopie des entsprechenden Bescheides angezeigt hatte. Das Thema war schon einmal über deren Tische gewandert.

Dann hatte ich mit meinem Steuerberater wie gesagt vor einem Monat dieses persönliche Gespräch zur Höhe der Festsetzung der Einkommensteuer für 2007 gehabt, aber meine Sachbearbeiterin wusste davon Anfang dieser Woche -- einen Monat später noch nichts und deshalb auch nicht, dass die Vorauszahlung für 2007 deutlich zu hoch angesetzt war.

Mitte Januar bekam ich außerdem vom Finanzamt eine "Abbuchungsmitteilung" über 15 Euro für "Verspätungszuschlag Umsatzsteuer". Das ist für mich allerdings nicht lustig, weil ich mich seit Längerem nicht mehr selbst um die Umsatzsteuervoranmeldung kümmere, sondern mein Steuerberater das macht. Ich leitete das Schreiben natürlich sofort an meine Sachbearbeiterin weiter, und daraufhin wurde das aufgehoben, und der Betrag soll mir erstattet werden. Man entschuldigte sich bei mir für das Versehen. Natürlich frage ich mich aber trotzdem, was in der Kanzlei überhaupt ordentlich läuft, wenn man nicht einmal eine Umsatzsteuervoranmeldung hinbekommt.

Aber auch ne schöne Geschichte: Man schickte mir meine Buchungsunterlagen immer wieder per Post zurück, aber an die Kanzlei, in der ich hier tätig bin, ohne "persönlich/vertraulich"-Vermerk. So hatten die Damen vorne an unserem Empfang jedes Mal die Gelegenheit, in Frieden zu lesen, was für Kontobewegungen ich hatte. Ich bin völlig schmerzfrei, was Ausgaben für Fickspielzeug angeht, weil das eh meist Namen hat, die denen nichts sagen, oder das eine pauschale Überweisung an Helmut mit irgendeinem doofen Verwendungszweck ist, aber es sickt mich an, dass die Steuerberaterbude nicht auf den Trichter kommt, dass jemand Falsches den Kram in die Hände bekommen kann, wenn der "persönlich/vertraulich"-Vermerk fehlt.

Aber am meisten pisst mich an, dass ich einen Steuerberater bezahle, der vielleicht sogar inhaltlich gute Arbeit macht, mich aber genau da im Stich gelassen hat, wo ich ihn am meisten brauche: wenn es darum geht, auf die zu zahlenden Steuern vorbereitet zu sein. Jetzt bemerke ich, dass ich in den vergangenen zwei Jahren über meine Verhältnisse gelebt habe. Völlig unnötigerweise, denn eine kurze Ansage im Stil von "Sieh zu, dass du ein Zehntel der Einnahmen für Steuern zurücklegst" hätte gereicht, das zu verhindern. Aber sowas kann man wohl schon mal vergessen, wenn man Steuerrecht für Steuerrechtler macht. Und es ist ja nicht so, als hätten die Heinze nicht gewusst, was auf meinem Konto läuft; sie haben alle Kontoauszügen der letzten Jahre gesehen.

So nehme ich jetzt zwangsweise ein Darlehen auf, um meine Steuerschulden bezahlen zu können.

Und das alles ist schon geil, aber der Hammer kommt noch.

Ich sitze also gerade hier und prüfe online, ob die angekündigte Darlehenssumme schon auf meinem Konto ist, weil ich mir gern mal abends eine Kugel Eis kaufen möchte. Im Hörnchen, wo man sich so toll rundherum nach unten zur Spitze futtern kann! Da sehe ich, dass mein Steuerberater ausgerechnet heute auf einen Schlag zwei Monate seiner Leistung auf einen Schlag abgebucht hat. Völlig kommentarlos. Das ist sportliches Timing. So schrieb ich deshalb gerade an meine Sachbearbeiterin per Fax:

"Sehr geehrte Frau R,

wenn es dicke kommt, dann muss es aber direkt richtig sein, nicht wahr? Soeben habe ich gesehen, dass die Beträge Ihrer letzten beiden Rechnungen heute von meinem Konto abgebucht wurden, das seit der gestrigen "unglücklichen" Abbuchung des Finanzamtes Düsseldorf-Nord über knapp [diverse tausend Euro] ohnehin leicht traurig dreinblickt.

Ihre Kanzlei hat ein gutes Händchen für dramatisches Timing.

Ich bin aber vor allem erstaunt, dass meine Bank das mitmacht.

Notiz an mich selbst: Dem Berater bei der Commerzbank Bielefeld gelegentlich eine Kiste Bier vorbeibringen.

Mit freundlichen Grüßen"


Mal sehen, ob sie Humor haben.

Mir ist allerdings der Spaß vergangen. Ich hab denen jetzt das Mandat gekündigt und mache in Zukunft den Steuerscheiß selber. Das nervt und ist Arbeit, aber dann zahle ich nicht auch noch nen Arsch voll Geld dafür, dass ich am Ende als Depp dastehe, der seinen Krempel nicht auf die Kette kriegt. So viel Geld, wie ich im Moment für die Steuerberatung ausgebe, kann ich bei meinem bisschen Geschäft als Rechtsanwalt nämlich gar nicht an Fehlern machen.

Schon komisch, mit welcher Motivation man sich ins Steuerrecht einarbeiten kann.

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