Montag, September 25, 2006

Deckel oben lassen bitte

Ich bin ein Freund von offenen Klodeckeln und habe noch nie verstanden, wofür das ewige Auf-und-zu derartig propagiert wird. So als wäre es vornehm oder als würde ein geschlossenes Klo davon ablenken, dass dort hin und wieder mit Todesgeschrei und von Schmerz zerfurchtem Gesicht geschissen wird, was die E. Coli-Bakterien des lieben Herrn Gott gnädigerweise zurück gelassen haben.

Unschön -- wenn auch ausgesprochen komisch -- kann natürlich eine deutliche Bremsspur das Porzellan verzieren. Dieses Phänomen wird durch das Deckelschließen allerdings allenfalls verschoben, nicht behoben. Ja, auch wenn man Kot nicht mehr sehen kann, ist er nach wie vor da. Überraschung.

Es gibt natürlich Gründe zum Deckelschließen, die ich gern gelten lassen möchte. Zum einen fällt mir da der Wunsch ein, auf dem Klo etwas abzulegen, beispielsweise das Duschhandtuch. Zum anderen kann aber ein geschlossener Deckel auch davor bewahren, versehentlich hinein gefallene Gegenstände wieder herausfischen zu müssen.

Auf manchen Toiletten -- insbesondere kommerziellen Toiletten wie in Büros, Kneipen etc. -- werden beide Gründe keine Rolle spielen.

Und eins lassen viele Leute beharrlich außer Betracht, wenn sie den gemeinen Deckelschluss fordern. Nämlich die Tatsache, dass dann der Schweiß von so manchem feuchtwarmgesessenen Arschbackenpaar nicht vernünftig trocknen kann. Das finde ich widerlich. Man möchte nur eben zwischen Tür und Angel einen abdrücken und setzt sich nichtsahnend rücklings ins zuvor vom Vorgänger während der zweistündigen Bürokonferenz gezüchtete Feuchtwarmbiotop.

Da schüttelt es sogar mich.

Flasche halten und sich benehmen bitte

Man nehme einen ganz normalen Menschen und mache ein Foto von ihm. Nun lasse man alles, wie es war, öffne allerdings seinen Mund ein wenig und mache dann ein weiteres Foto.
Klarer Fall: Der gleiche Typ -- und hier sind auch Frauen nicht ausgenommen -- sieht mit leicht offenem Mund debil aus. Er kann noch so gut aussehen, noch so intelligent wirken, noch so Jeremy Irons-like dichterhaft mit Cashmere-Schal in die Kamera schauen. Mit offenem Mund sieht er -- wie wir alle -- aus, als hätte er nicht alle Latten am Zaun.

Dergleichen gibt es unzählige Dinge, die uns vermutlich nie bewusst werden, die allesamt dazu führen, dass auf uns jemand spontan sympathisch oder unerträglich wirkt.

So gestern bei mir geschehen. Ich fuhr, wie es wohl zukünftig öfter der Fall sein wird, Sonntag abends mit dem Zug von Berlin nach Düsseldorf. Es war ein IC, und ich saß in einem Fünferabteil. Mir gegenüber saß ab Stendal -- mir ist immer noch unerklärlich, wieso dieses Häufchen Landkartenelend überhaupt einen Bahnhof hat -- ein für sein Gewicht deutlich zu kleiner Mann, dessen Gewicht zu schätzen mir ob seiner Körperfülle nicht leicht fiel -- vermutlich so um die 30 -- und der großes Gepäck mitführte. Er wirkte wie ein typischer Nerd. Bierplauze, Nullachtfuffzehn-T-Shirt, geschmackloser und vielleicht imitierter Wappenring, Frisur 4-. Er las allerdings eine Zeitung, nicht die ix.
Aber damit nicht genug. Er holte zudem beizeiten eine Flasche Bier aus seinem offensichtlich nicht sorgsam gewählten Gepäck und begann zu trinken. Aber es war nicht die Tatsache, dass er im Zug Bier trank. Das allein reichte natürlich auch, um ihn noch unsympathischer zu machen, allerdings auch, um die Plauze zu erklären (wie die spätere Riesenkäsepizzatröte und die im zeitlichen Abstand folgende Schokoladentafel).

Sondern es war die Art, wie er aus der Flasche trank. Genauer gesagt: wie er die Flasche hielt.

Nämlich am Hals.

Sieht immer doof aus, versprochen. Vor allem, wenn man den Hals mit der ganzen Hand umfasst. Ist nicht nur unelegant, weil man offenbar den Schwerpunkt der Flasche nicht mitbekommen hat, sondern zudem Schutz vor dem Danebensuppen, weil Daumen und Zeigefinger die Flüssigkeit vom Sabbern auffangen.


Gut war übrigens auch die eine Tante, die bei uns im Nichtraucherwagen am Fenster stand und rauchte und, als ein Typ aus meinem Abteil und ich sie darauf hinwiesen, dass dies ein Nichtraucherwagen sei, und sie baten, doch in diesem Wagen nicht zu rauchen. Es kam das Übliche: "Machen Sie doch die Türe (übrigens ein Wort, an dessen Ende das "e" mir Grauen bereitet) zu!" Ich stand auf und diskutierte mit ihr etwa eine Minute lang. Dann nahm sie einen letzten tiefen Zug und warf dann die Kippe aus dem offenen Fenster. Ich dankte ihr, während sie schon verduftete.

Es geht mir tierisch auf den Zeiger, wenn Leute meinen, sie müssen Regeln nicht akzeptieren. Und dabei ist mir wurscht, ob das Rauchverbotnichtbeachter oder Leute sind, die chronisch zu schnell fahren und jedes Mal einen Riesenterz machen, wenn sie mal geblitzt werden. So als wäre der Staat daran schuld, dass sie geblitzt worden wären; so als hätten sie ein Recht darauf, schneller als die ausgewiesene Geschwindkeit zu fahren.

Außerdem zeigt es, wie wenig Respekt man anderen Menschen entgegenbringt und wie sehr viele Leute das Gefühl haben müssen, immer nur sie würden vom Leben bestraft, alle wären gegen sie, immer sie müssten das Unglück der Welt tragen.

Und dabei ist es auch mir peinlich, gegenüber Menschen auf das Einhalten von Regeln zu pochen, die vermutlich 20 Jahre älter sind als ich.

Montag, September 18, 2006

Ummena kill dat fuckin baby.

Vor stark einem Jahr zog ich in meine Düsseldorfer Wohnung mit dem charmanten Balkon zum Hinterhof. Nicht sonderlich groß oder schön, aber herrlich ruhig, mit einem hellgelben Eckhaus mit traumhaften Balkonen. Toll anzusehen.

Wenige Monate danach bekam ich das junge Glück nebenan als Nachbarn. Das junge Glück war sehr bald danach zu dritt, und das Dritte schrie seit etwa März durch. Wie am Spieß. Und das meine ich wörtlich. Es schrie, als hätte man ihm einen fünf Zentimeter umfassenden glühenden und mit Widerhaken besetzten Eisenstab ins Arschloch gesteckt und bis zum Hals durchgetrieben. Menschen werden ob solcher Abscheulichkeiten allerdings glücklicherweise irgendwann ohnmächtig. Oder tot. Das Dritte dagegen … nicht. Es gab seinem Leben vielmehr die klangliche Umsetzung dieses erdachten Erlebnisses zum Inhalt. Jeder Moment, der nicht mit Schlafen oder Essen belegt werden musste, wurde diesem Zweck gewidmet.

Bis vor etwa drei Wochen. Dann war plötzlich Ruhe. Zwei Wochen lang. Das Dritte musste Urlaub gehabt haben. Vor etwa einer Woche ging das Geschrei dann endlich wieder los.
Allerdings hatte das Dritte offenbar die Existenz von Lauten abseits von [Geschrei] erahnt. Ich war richtiggehend stolz auf mich, dass ich es so lange ausgehalten hatte, ohne das Drecksbalg selbst aufzuspießen.

Dieses Wochenende entschloss sich eine andere Mutter mit einer Wohnung zu besagtem Hinterhof dazu, eben diesen einst so ruhigen Hof mit Geschrei volllaufen zu lassen. Ein offenes Fenster des Kinderzimmers zum Hof tut da Wunder.

Meine Nachbarn hatten jedenfalls phasenweise das Fenster geschlossen, und das Geschrei drang nur durch die hausinterne Badezimmerbelüftungsanlage in meine Wohnung. Jetzt hat der ganze Hof was von dem nervtötenden Krach, sicher wieder mindestens sechs Monate. Es wird Zeit, dass es arschkalt wird, damit man das Fenster im Kinderzimmer nicht offen lassen kann, weil es sonst erfriert.

Und sehr schön auch, dass Menschen sich nicht dafür interessieren, ob auch andere Menschen das Geschrei ihres ach so süßen Haufens Nachwuchs duziduzi finden.