Donnerstag, Mai 01, 2008

Das kommt davon, wenn man Spaß hat

Man schreibt dann kein Blog mehr. Genauer gesagt kommt das davon, wenn man nen ganzen Arsch voll zu tun hat und dabei auch noch Spaß. Dann schreibt man nicht nur nicht mehr ins Blog, sondern tut auch sonst kaum noch was anderes als zu arbeiten.

Diesen Eintrag habe ich im ICE von Köln nach Berlin am vorletzten Freitagabend begonnen, aber aus Zeigründen nicht fertigschreiben können. Wahrscheinlich habe ich nach der Arbeitswoche lieber ein paar House M.D.-Folgen gucken wollen. Es gibt sogar bei mir Zeiten, in denen ich keine Energie mehr für Kreatives habe, in denen ich nur noch konsumieren und das Hirn baumeln lassen möchte. Also füge ich jetzt erst mal an, was ich da im Zug geschrieben habe, und mache dann fertig.

Also los in unsere Zeitreise-Zauberkugel!

[snip] [wwWWFFFUSCH] [glitzer]

Und schon wieder eine Woche rum, Wochenende dafür vor mir. Das erste große Projekt im neuen Job ist fertig, und meine Chefs sind sehr zufrieden mit dem Bericht, den ich abgeliefert habe. Ich gebe zu, dass auch ich ihn ziemlich ordentlich finde. Stark 50 Seiten gebunden und 9-Pixel-Schrift, das wird beim Kunden Eindruck machen. Mal sehen, von welchen Datenvorkommnissen sie gar nichts wissen, und ich bin gespannt, wie sie finden, dass ich den Vertrag mit ihrem ach so geilen Bonusprogrammbetreiber verrissen habe. Ich könnte aber auch gefahrlos eine respektable Summe darauf wetten, dass diese Bude DJ Ötzi für den Datenschutz angestellt hat. Ein Vertrag, der seinen Namen trägt!

Dass ich so lang keinen Blog-Eintrag geschrieben habe, dürft ihr übrigens als ein Zeichen für zwei Symptome auffassen:

Erstens ist meine Arbeitswoche ist belegt mit Arbeit, Schlafen, Essen, ein- oder zweimal in der Woche Sport und mit meinem großartigen Mann telefonieren, den wir der Pseudonymität halber mal Hartmut nennen. Nicht weil sein Name so ähnlich klingt, sondern weil ich es sexy fänd, einen Mann mit einem derart maskulin klingenden Namen zu haben. Wo wir gerade dabei sind: Habe ich eigentlich mal erwähnt, dass ich mir vor knapp drei Jahren, als ich in meine Wohnung gezogen bin, mal überlegt habe, ich könnte mit einem Kasten Bier zu der nahe gelegenen Polizeiwache gehen und die Jungs dort fragen, ob sie Bock auf ne Uniformparty haben?

Zweitens genieße ich sehr, wie es im Moment ist. Zum ersten Mal seit … hm … überhaupt habe ich das Gefühl, an der richtigen Stelle zu sein. Im Job, in der Partnerschaft und halt in allem, das da so dranhängt.

Übrigens: Wenn ich sage, dass ich fast nur noch arbeite, klingt es aus zwei Gründen viel schlimmer, als es ist (Ich stehe im Moment volle Kanne auf Aufzählungen. Rockt!).

Erstens habe ich neben meinem Job als Datenschützer auch noch den neuen Dozentenjob an der privaten FH in Köln, was ich schon lang machen wollte, und zweitens macht mir überhaupt die ganze Arbeit einen Heidenspaß. Das geht so weit, dass ich mir auf meinen regelmäßigen Zugfahrten nach und von Berlin meinen Laptop schnappe und arbeite. Wie schnell und konzentriert ich da Lehrmaterial für die kommende Woche zusammenklatsche, schockt meinen Dozentenpartner glaube ich etwas, aber damit kann ich leben. Er muss dann halt mit meinen PowerPoint-Folien unterrichten, der Arme. :)

Auch Amalia geht es wunderbar in meinem alten Job. Ich habe keine Idee, was sie getan hat, aber sie hat meinen Ex-Chef anscheinend locker gemacht. Zwei Jahre war ich in der Kanzlei gewesen und hatte ihn immer als überkorrekt und etwas verklemmt wahrgenommen. Als ich ihm im Januar ankündigte, dass ich aufhören würde, bat er um ein Gespräch nach der Arbeit, um meine Motive zu erfahren. In etwa zwei Stunden legte ich ungefähr alles auf den Tisch, was mir an der Kanzlei nicht gefiel, hoffentlich ohne dabei unfair oder unhöflich zu werden. Jedenfalls war ich sehr deutlich und gleichzeitig sicher, dass ich ihm damit alles an die Hand gegeben hatte, um meine letzten Wochen in der Kanzlei zur Hölle zu machen.

Aber nach dem Gespräch bedankte er sich noch -- völlig unaufgefordert. Die folgenden Wochen geschah waren ganz im Gegenteil recht angenehm. Nachdem ich zwei Jahre dort verbracht und immer das Gefühl bekommen hatte, dass ich nichts richtig mache, ließ er plötzlich keinen Tag aus, ohne mir zu sagen, jetzt zöge das Geschäft doch richtig an, und ausgerechnet jetzt wollte ich gehen.

An einem meiner letzten Tage in der Kanzlei sah ich die ersten Zeichen der Veränderung in ihm. Er saß auf seinem Stuhl am Schreibtisch, und während wir überlegten, wie in einer Sache vorgegangen werden sollte, schob er sich auf dem Stuhl mit den Füßen zurück und hakte seine Schuhabsätze auf der Tischkante ein. Ich schwöre bei Gott, so etwas hatte ich bei ihm noch nie gesehen.

Amalia erzählt mir regelmäßig äußerst bizarre Geschichten von ihrem Arbeitsalltag in der Kanzlei. Der einst überkorrekte Chef hat zwei neue Wörter gelernt, und ich bin gleichzeitig überrascht, etwas schockiert und stolz, sagen zu müssen, dass er sie wahrscheinlich von mir gelernt hat:

„Scheiße“ und „Arschloch“

Erst muss es ihm selbst noch merkwürdig vorgekommen sein, diese Wörter zu sagen, aber mittlerweile hat er anscheinend sein Ventil zur Aggressivitätsbewältigung darin gefunden. Hat wieder ein nerviger Mandant angerufen? Dann kann man ziemlich sicher sein, dass er das eine oder andere Wort mehrfach ins Büro ruft und sich dann etwa folgende Unterhaltung zwischen ihm und der im Nebenbüro sitzenden Amalia abspielt:

Er: „Was für ein Arschloch!“ [10 Sekunden Pause] „Arschloch!“

Amalia: „Wie bitte?“

Er: „Hab ich was gesagt?“

Amalia: „Mir war so.“

[Vorhang]

Manchmal, wenn mir Amalia abends so eine Geschichte erzählt, lachen wir die Nachbarn wach.

Ihr geht's in meinem alten Job also richtig gut. Sie kommt anscheinend gut mit Kollegen und Schreibpersonal klar, und neulich hat sie wohl auch den Chef überzeugt, dass der Briefbogen endlich mal geändert werden muss. Mir ist unklar, was sie getan hat, aber offenbar hat sie Chefchen aufgelockert. Ich habe keinen Plan, was mit ihm passiert ist, aber diese Veränderungen haben, wenn nicht Amalia sie ausgelöst hat, nach meinem Dafürhalten nur zwei Möglichkeiten für Ursachen: Er ist verliebt und/oder hat eine Vorliebe für Kokain entwickelt.

Ich habe eben schon gesagt, dass ich außer Arbeiten und Schlafen vor allem eins mache: Mit Hartmut telefonieren. Das ist natürlich nicht das Einzige. Die Wochenenden verbringen wir fast immer zusammen, und ich genieße das sehr. Er und ich haben uns über die blauen Seiten im Internet kennen gelernt und Mitte Februar das erste Mal getroffen. Er lebt in Berlin und war damals für ein paar Tage in der Gegend, um seine in Krefeld lebenden Eltern zu besuchen. Da baute er dann einen Besuch in Düsseldorf am Samstagnachmittag ein. Aus dem Nachmittag wurden Nachmittag, Abend und Nacht, ich fuhr ihn am Sonntagmorgen zu seinen Eltern, und nachmittags kam er mich wieder besuchen.

Ich fand ihn auf Anhieb sexy, muss aber zugeben, dass ich ihn zuerst für etwas schlicht gehalten habe. Er stottert nämlich ein bisschen, und ich legte seine leichte Sprachschwäche damals als geistige Schwäche aus. Zu allem Überfluss erzählte er mir natürlich noch was davon, dass er ganz klassisch "aus Proll-Verhältnissen" käme.
Das stellte sich geilerweise nach einer Weile als schlichtes Understatement heraus, das ich ja großartig finde. Hartmut ist nicht nur geistig kein bisschen schwach, sondern ganz im Gegenteil hellwach und sehr clever im Umgang mit allem Möglichen. Er hat eine Weile immer erzählt, er kännte sich ja mit Computern nicht wirklich aus, und es mag auch sein, dass er das von sich denkt, aber er macht regelmäßig Sachen damit, die mir noch nie in den Sinn gekommen sind. Habt ihr z. B. schon mal eine Telefonnummer auf Google gesucht? Ich nicht, und ich war begeistert zu sehen, dass mein neuer Partner ein sehr heller Kopf und sehr einfühlsam und umgänglich ist. Hartmut ist rundherum großartig, auch wenn er nicht nachvollziehen kann, dass ich das so sehe.

Die einzige Hürde zwischen uns ist tatsächlich die Sprache. Während ich total verbal bin, sagt er meist nur nach zehnmaligem Fragen, was in ihm vorgeht, und er ist ein Meister der Tagträume. Wie oft sehe ich ihn in die Gegend starren und weiß, dass aber nicht was er gerade denkt.
Er ist mein Ruhepol, ich bin sein Gateway zur Offenheit für Gefühle. Krebs und Zwillinge, richtig angegangen eine harmonische und erfüllende Beziehung.

Seit ich mit Hartmut zusammen bin, chatte ich kaum noch auf den ganzen Internet-Fickplattformen und habe mit der Schwulenszene im Grunde keinen Kontakt mehr. Das war mein Plan. In Düsseldorf hatte ich den ja ohnehin so gut wie nicht, aber auch in Berlin oder Köln waren wir noch nie schwul aus. Braucht im Grunde auch kein Mensch. Es hat mich eh so manches Mal betroffen gemacht, das Szenegetue in Ficklokalen zu sehen, die mich meine Neugier natürlich hat erkunden lassen.

Insgesamt lässt sich also festhalten: Beide Projekte für 2008 (1. neuer Job, 2. neuer Partner) habe in den ersten beiden Monaten erledigt. Wenn ich jetzt nur Zeit zum Zurücklehnen und Genießen hätte! :)

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