Samstag, Februar 23, 2008

Bastian Sick mit "Happy Aua" in der Tonhalle

[seufz]

Die meisten von euch kennen Bastian Sick ja schon seit seinem ersten Buch "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod", und dass Herr Sick mit seinen sprachlichen Klugscheißereien auch seit Jahren durch die Gegend tingelt, wisst ihr vielleicht auch.

Meine Schwester schenkte mir vor fast einem Jahr eine Eintrittskarte zu seiner aktuellen "Happy Aua"-Tournee, genauer gesagt zu seinem gestrigen Termin in der Düsseldorfer Tonhalle. Damals dachte ich noch: "Oh Mann, muss der denn so weit in der Zukunft liegen? In der Zwischenzeit könnte mir oder Bastian Sick ein Klavier auf den Kopf fallen, oder die Tonhalle könnte von fanatischen fatalistischen Gegnern der gepflegten Philharmonie in die Luft gesprengt werden." Oder sowas in der Richtung. Aber kurzfristiger war ein Ticket nicht zu kriegen; seine Tour war bis weit in die Zukunft ausgebucht. "Mja gut", tröstete ich mich, "dann wird das ja sicher toll."

Damals machte ich mir keine Gedanken darüber, aber als der Termin in der letzten Woche immer näher rückte, beschäftigte mich der Gedanke immer stärker, die Veranstaltung könnte eigentlich nicht besonders lustig werden, weil ich Bastian Sicks Schriften schon seit Jahren kenne und sich die Materie irgendwann abnutzt. Irgendwann hat man einfach genug über falsch konjugierte Verben und fehlerhafte Werbeaufschriften gelacht, hat sich genug über Rechtschreibfehler aufgeregt und genug Fotos von bescheuerten Namen für Frisörsalons gesehen.

Meine Schwester und ich kamen zur Veranstaltung etwas zu spät, aber das ist eine andere Geschichte. Wir kamen in einer Klatschpause auf unsere Plätze in der ersten Reihe und ließen die Show laufen. Ich hätte gern geschrieben, wir hätten uns mitreißen lassen, aber das wäre nicht nur eine großkarätige Übertreibung, sondern schlicht gelogen gewesen.

Das Programm war nämlich fast punktgenau so öde, wie ich es befürchtet hatte. Mal saß er an seinem Pult, mal lief er auf der Bühne herum, aber er machte halt, was er kann: Deutschunterricht. Weder war das Programm eine richtige Show -- und diese zwei Stunden "Die große Bastian Sick-Show" zu nennen, grenzt an Betrug --, noch waren seine Pointen lustig. Er machte auf der Bühne keine gute Figur, und gelegentlich sahen meine Schwester und ich uns betroffen an, als er wieder einmal etwas Peinliches getan hatte und die Scham auf uns überschwappte. Lustig war die Show jedenfalls für uns beide nicht.

Ich muss allerdings fairerweise dazu sagen, dass ich Bastian Sick auch ziemlich unsympathisch finde und er schon deswegen wahrscheinlich ein schlechtes Standbein hatte. Ich gestehe ihm zu, dass er exzellentes Deutsch und schön pointiert schreiben kann. Auf der Bühne macht er für mich allerdings eher den Eindruck einer etwas hochnäsigen rampenlichtgeilen Tunte. Er könnte außerdem mal wieder zum Frisör. Mittlerweile trägt er die Haare deutlich länger als auf seinem Tourposter. Ist vermutlich jetzt modern; von sowas hab ich ja keine Ahnung.

Aber zum Programm:

Zuerst zeigte er thematisch sortierte Bildeinsendungen mit Rechtschreibfehlern aus seinem "Happy Aua"-Buch. Vieles davon kannte ich schon aus diversen Artikeln auf Spiegel Online. Das mag alles vielleicht in einem Fünf-Minuten-Artikel noch für einen Schmunzler gut sein, aber über eine halbe Stunde gezogen bringt einen die Langeweile zum Weinen. Dazu kamen seine notgedrungen holprigen Übergänge und Einleitungen zu jedem Bild, das natürlich mit keinem anderen etwas zu tun hatte, von groben Sachzusammenhängen wie "Straßenverkehr" oder "Frisörsalon" abgesehen.

Dann gab er seine uralten Ausführungen zu unregelmäßigen Verben und seine vermeintlich komischen Falschbeugungen zum Besten, die ich schon vor Jahren mit Jonathan lustiger gemacht hatte. Zwischendurch las er auch mal den einen oder anderen Artikel, den er vor diversen Jahren geschrieben hatte. Wirklich wahr: Er las Artikel vor. Im Grunde habe ich gar nichts gegen Lesungen, aber offen gestanden hätte ich für seine Artikel lieber einen Sprecher mit großer Stimme. Harry Rowohlt oder so. Von der "großen Show", die der Titel verheißen hatte, konnte nicht die Rede sein.

So plätscherte das Programm vor sich hin, und nach einem kleinen Publikumsquiz zu Sprachfragen wurden wir in die 20-minütige Pause entlassen. In der zweiten Hälfte lief das Elend dann so weiter, bis

ja bis

Bastian Sick zu einem neuen Tiefpunkt ansetzte. Er berichtete, sein Manager hätte ihn vor dieser Tour gefragt, was er denn gern anders hätte, und er hätte ihm gesagt, ein Partner auf der Bühne sei doch was Feines. Meine Schwester tippte mich von der Seite an und sagte: "Pass auf, jetzt holt er eine Bauchrednerpuppe." Ich versuchte derweil krampfhaft, mir Bastian Sick mit einer zweiten Person auf der Bühne vorzustellen, neben der er furchtbar blass wirken musste.
Meiner Schwester fiel wenige Sekunden später die Schminke mitsamt Lippen, Augen und Nase aus dem Gesicht, als er tatsächlich eine Bauchrednerpuppe aus dem Hut zauberte und vor sich auf den Tisch legte. Benny hieß das hässliche Ding, und er begann, uns im vermeintlichen Dialog mit Benny Verballhornungen deutscher Sprichwörter zu präsentieren.

Das allein wäre aber noch nicht so schlimm gewesen, wenn er beim "Bauchreden" wenigstens die Lippen still gehalten oder wenigstens eine andere Stimme für Benny verwendet hätte. Tat er aber nicht. Ich hörte, dass er es versuchte, aber Bennys Stimme klang so wie seine, und die Nummer trieb mir einen neuen Schwall von Scham ins Gesicht, und ich hielt meine Handfläche stellenweise betroffen vor die Augen.

Das (ebenso große) Finale der Show -- wieder einmal sehr holprig und thematisch völlig unpassend -- war ein nur von ihm selbst (sehr wahrscheinlich playback) gesungenes Duett von Mireille Matthieu und Anneliese Rothenberger über die Sonne und den Mond. Aufhänger war, dass im Französischen und anderen Sprachen die Geschlechter von Sonne und Mond genau umgekehrt sind, also der Sonne und die Mond. Etwas unbeholfen stakste er zwischen den Rollen, und während der Gesang selbst nicht so schlecht klang, zermarterte ich mir das Gehirn, wie er seinen Manager zu dieser Nummer hatte überreden können oder wessen Idee sie gewesen war.

Als meine Schwester und ich uns nach der Veranstaltung austauschten, brachte sie nur ein "Es tut mir so leid!" heraus, und ich erschien vielleicht nicht ganz glaubwürdig, als ich sagte, das sei ja alles nicht so schlimm, wir hätten ja wenigstens herzhaft darüber lachen können. Dabei meinte ich das völlig ernst. Gelacht haben wir nämlich im Nachhinein schon über Einiges, das aber eher mit der Darbietung des Programms als mit dem Programm selbst zu tun hatte.

Wir gingen daraufhin in die Altstadt, um uns zu besaufen, und landeten auf ein paar Kaltgetränke im Rosenrot. Da lief sehr schöne funky Musik, und wir wippten mit den Köpfen und unterhielten uns noch eine Weile blendend, bis die Musik zu laut wurde und wir nach Hause liefen.

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