Dienstag, August 21, 2007

Vom guten Schenken

Ein Thema, das jeden beschäftigt: Schenken. Was schenkt man wem, wann und wie? Und machmal auch: warum? Einzel- oder Gruppengeschenk, wie teuer soll oder darf es sein, und zu welchem Anlass schickt sich ein bestimmtes Geschenk?

Der eine und andere meiner Freunde weiß, dass ich schon viel Scheiß verschenkt habe, vor allem zu Geburtstagen. Termindruck gepaart mit wenig Zeit zum Shoppen macht es möglich: Die Party rückt näher, und bevor man sich versieht, steht man wieder vor der Wahl, ob man irgendwas "Lustiges" oder Scheiß verschenkt. Da aber auch das meiste Lustige totaler Scheiß ist, ist oft schon von Anfang an klar, wohin die Reise geht.

So verschenkte ich einem Freund jahrelang Sachen mit Kuhmotiv, einfach weil sein Spitzname es erlaubte. Nun ja. Wir werden alle älter und weiser, und wenn wir unsere Zeit nicht völlig hirnlos verlebt haben, haben wir auch beim Schenken dazugelernt. Aber die Frage, was man verschenken soll, beschäftigt uns alle, wenn auch unterschiedlich intensiv.

Zu meinem Hintergrund: Ich komme aus einer Familie, in der Schenken eine Formalie ist, obwohl meine Eltern sich stets bemühen, es immer dann nicht nach Zwang aussehen zu lassen, wenn es traditionell an der Zeit wäre, ihnen etwas schenken. Geschenke waren Zeit meines Lebens fast nie persönlich, sondern vor allem teuer, was hin und wieder nicht über die Tatsache hinwegtäuschen konnte, dass sie für den Beschenkten völlig unpassend waren. Dazu kommt, dass besonders mein Vater sich anscheinend noch nie über ein Geschenk gefreut hat und überhaupt kein Gefühl dafür zu haben scheint, was ein gutes Geschenk ist. Da darf man sich nicht wundern, wenn die Nachkommen in diesem Bereich eine Nachhilfestunde brauchen. Ein Prost auf die Gemütlichkeit.

Aber ans Eingemachte: Was steckt hinter Geschenken?
Ein Geschenk ist gut, wenn es drei Kriterien erfüllt:

1.) Der Schenker mag es.
2.) Der Beschenkte mag es.
3.) Es verbindet Schenker und Beschenkten.


So einfach ist das. Theoretisch.

Ein ganz praktisches Problem hat man allerdings ganz zwangsläufig, sobald man sich nach diesen Regeln richten möchte (so wie ich): Man findet annähernd gar kein gutes Geschenk mehr. Plötzlich ist die Welt randvoll mit Mist, den niemand braucht oder haben will, und man hat das Gefühl, beliebig viel Zeit völlig ohne Erfolgsaussichten in die Geschenkwahl investieren zu können. Man ist ja bereit, Geld dafür auszugeben, aber halt nicht für Mist. Wenn man dann auch noch so wenig Zeit zum Shoppen hat wie ich bzw. am Shopping-Samstag, der als einziger Tag verbleibt, immer in Städten ist, in denen man sich nicht auskennt (so wie ich), zwängt sich quälende Uninspiriertheit geradezu auf. Die Qual schlägt sich schließlich körperlich nieder, wenn man dann zu allem Überfluss den Beschenkten nicht einmal gut kennt. Das hat Kopf- und Gliederschmerzpotential.

So sehe ich zu allen Gelegenheiten ganz grauenhafte Geschenke, überall. "Geschenksuche" ist ein Programm, das bei mir immer resident im Speicher mitläuft. Jeder noch so unbedeutende Ausflug ist gleichzeitig die stille Suche nach einem guten Geschenk.

Besonders uninspirierend sind oft Besuche auf Webseiten von Geschenkversandhäusern. Man findet alles von Vasen in Herzform, die nicht einmal in den 80ern als Motive in Neonfarben auf schwarzem Hintergrund chic gewesen wären, über Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielen mit Schnäpsen als Spielfiguren bis zu Olivenschiffchen, die idealerweise zu nichts anderem im Haushalt passen. Extrabescheuert sind auch "Designer"-Bilderrahmen und -- Achtung: geht auch gar nicht! -- Backformen in Männerform ("Der richtige Mann für dich muss erst gebacken werden!"), für die der Nasenbluterfreundeskreis sich irgendwann in geistiger Umnachtung zu Beate Uhse geschlichen und dort geisteskrank viel Geld auf den Tisch gelegt hat (und sich total cool vorkam, weil keiner von ihnen sich vorher je in einen Sexshop getraut hatte). Glücklicherweise kann ich mit Stolz sagen, dass für keinen meiner Freunde der letzte Punkt je in Betracht gekommen wäre.

Jedenfalls schlendere ich in meiner zugegebenermaßen knappen Freizeit ab und zu an Schaufenstern vorbei. Und doch finde ich zu festen Terminen fast nie ein gutes Geschenk (oder "Mitbringsel", wie man Geschenke an Unbekannte gern nennt). Ganz selten ist mal etwas Brauchbares dabei, und wenn doch, bietet es meist ein Versandhaus aus den USA an, das nicht oder nur mit extrem hohen Portokosten nach Deutschland liefert. Überhaupt hat man in Nordamerika deutlich besser verstanden, wie Geschenke sein müssen. Das sieht man schon daran, dass Hallmark -- ein Grußkartenhersteller -- sogar in vielen Drugstores eine Kartenecke hat und man dort jede Menge so geiler Karten findet, dass einem danach an deutschen Kartenregalen der blanke Brechreiz Ohrfeigen austeilt.

Meine Schwester hatte neulich Geburtstag, und hier realisierte ich wieder einmal, wie wenig ich über sie weiß. Wir wohnen etwa zehn Minuten Fahrradweg auseinander, könnten aber auch auf unterschiedlichen Kontinenten wohnen und ähnlich viel Kontakt haben.
Bei diversen Sachen überlegte ich hin und her, ob ich es ihr schenken sollte, musste aber bei ausnahmslos jeder Sache feststellen, dass ich sie nicht gut genug kannte, um zu sagen, ob sie sie mögen würde oder vielleicht schon hat.
Sie hatte sich zum Bohren in ihrer Wohnung mehrmals die Bohrmaschine unserer Eltern ausgeliehen, weil sie so etwas nicht hat. Da kam mein Vater spontan auf die Idee, ihr eine Bohrmaschine zum Geburtstag zu schenken. Das mag auch auf den ersten Blick nach einer guten Idee aussehen, aber man darf dabei nicht vergessen:

Erstens: Bohrmaschine, hallo? Soll's nicht besser ein neuer Auspuff oder eine Betonmischmaschine sein?
Zweitens: Bohrmaschine sagt in diesem Zusammenhang: "Hier hast du selbst eine. Jetzt besuch uns nicht mehr wegen so etwas." Mit erniedrigendem Spitznamen hinten dran. Oder wahlweise auch: "Uns geht es auf den Wecker, dass du die Bohrmaschine nicht wieder ordentlich verpackt zurück gibst; jetzt kannst du deinen eigenen Kram verhunzen."

Die Diskussion, warum meine Schwester als Endzwanzigerin mit Eigentumswohnung keine eigene Bohrmaschine hatte, möchte ich hier übrigens nicht führen.

So habe ich ihr eine Shoppingtour geschenkt. Klamotten shoppen gehen, z. B. im McArthur Glenn-Shoppingbunker in Roermond oder bei Mexx in Mönchengladbach bzw. Korschenbroich. Das könnte lustig werden und erfüllt die drei Kriterien: Ich geh gern shoppen, sie kann sich heraussuchen, was ihr am besten gefällt, und wir verbringen Zeit miteinander. Besser geht's wohl kaum. Jetzt muss ich nur noch einen Tag am Wochenende finden (sogar Sonntag wäre okay, weil die Bude sonntags geöffnet ist), an dem ich auch in Düsseldorf bin.

Übrigens: Das beste Geschenk, das ich jemals gemacht habe, war ein Poster von Pe Werner für meinen damaligen Freund, von ihr nach einem Konzert mit "Für Hans-Joachim, Pe Werner" signiert. Pe Werner war Musik, die uns damals stark verband, und dass ich es hinbekommen hatte, das Poster von ihr auch noch mit Widmung signieren zu lassen, war der Oberhammer.

Und damit ich jetzt nicht nur herumquängele, sondern noch ein bisschen helfen kann, sind hier ein paar Ideen für Geschenke an Leute, die man nicht besonders gut kennt:

- Alessi-Zahnstocherhalterhase "Magic Bunny"
- Philips Wake-up Light
- Sachen von thinkgeek.com
- Gutschein für eine Buchhandlung
- Gutschein für eine Wellness-Oase
- Gutschein für einen gemeinsamen Kochkurs

Fröhliche Geschenksuche!

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